CSD in Berlin: Hunderttausende bei Parade in der Hauptstadt

Parallel-Veranstaltung aufgelöst:"Nie wieder still": Hunderttausende beim CSD

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Beim Berliner CSD fordern Hunderttausende mehr Gleichberechtigung. Thema ist auch der Streit um die Bundestags-Regenbogenflagge. Eine parallele Veranstaltung löst die Polizei auf.

47. Berlin Pride - Christopher Street Day
Auch ohne Pride-Flagge auf dem Reichstagsgebäude: In Berlin feiern laut Veranstaltern Hunderttausende den Christopher Street Day und demonstrieren für die Rechte queerer Menschen.26.07.2025 | 2:30 min
Keine Regenbogenflagge auf dem Bundestag, aber Hunderttausende auf den Straßen: Der diesjährige Christopher Street Day (CSD) in Berlin stand unter dem Motto "Nie wieder still" und hatte ganz klar einen politischen Fokus, mit Forderungen nach Gleichberechtigung und Schutz queerer Menschen.
Auf der Demonstration werden drei politische Kernforderungen gestellt:
  • der Erhalt der Community- und Beratungsstrukturen,
  • die Aufnahme queerer Menschen ins Grundgesetz und
  • ein wirksamer Kampf gegen Hasskriminalität.
Zu sehen ist ein Stethoskop auf einer Regenbogenflagge.
Im Gesundheitswesen stoßen queere Menschen oft auf Unverständnis und Ausgrenzung. Das kann Folgen für ihre Gesundheit haben. Wie queersensible Medizin gelingen kann.17.03.2025 | 5:04 min

"Demonstration so groß wie lange nicht mehr"

Ausgelassene Partystimmung herrschte beim großen CSD trotzdem: Es gab laute Musik, bunt-schrille Kostüme und zahlreiche Regenbogenflaggen. Mit etwas Verspätung setzte sich der Zug am Samstagmittag gegen 12.30 Uhr in Bewegung.
Die Veranstalter teilten am späten Nachmittag mit, mehrere hunderttausend Menschen hätten am Berliner CSD teilgenommen. "Die Demonstration war so groß wie lange nicht mehr", erklärten sie. Die gesellschaftliche und politische Situation habe die LGBTQIA+-Community und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer im besonderen Maße mobilisiert.
Bildmontage: queere Community mit Regenbogenflagge bei CSD auf der linken Seite, rechte Demo mit Transparent, auf dem die Regenbogenflagge durchgestrichen ist, auf der rechten Bildhälfte
Angriffe auf queere Menschen nehmen zu, während CDU-Politiker das Hissen der Regenbogenflagge kritisieren. Der Regenbogen wird zum politischen Kulturkampf.23.07.2025 | 14:02 min

Zahlreiche Anspielungen auf "Zirkuszelt"-Aussage

Ein zentrales Thema ist die Kontroverse um die Regenbogenflagge auf dem Bundestag. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hatte das Hissen der Flagge untersagt, was Bundeskanzler Friedrich Merz (beide CDU) mit den Worten "Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt" verteidigte.
Diese Aussage löste breite Kritik aus und wurde beim CSD auf vielen Plakaten satirisch aufgegriffen - etwa mit Sprüchen wie "Genau mein Zirkus" oder "Willkommen im Zirkuszelt von Liebe, Recht und Freiheit, Herr Merz". Unter Jubel begrüßte Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) die Teilnehmenden mit den Worten "Hallo, Zirkus!" - offenbar in Anspielung auf Merz.
Anders als in vergangenen Jahren beteiligt sich das queere Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung dieses Jahr nicht am CSD. Die Verwaltungsspitze hatte der Gruppe eine Teilnahme untersagt.
CSD
Die queere Gruppe der Bundestagsverwaltung darf nicht am Berliner CSD teilnehmen. Das hat Bundestagspräsidenten Klöckner entschieden.25.06.2025 | 1:45 min
Aus Protest gegen diese Entscheidung haben einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer Schilder dabei, auf denen steht: "Wir sind leider nicht dabei - Hier wäre das Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung mitgelaufen".
SGS Goekdemir Koch
Eine „Solidarität und Sichtbarkeit aus der Mitte der Gesellschaft“ gebe es zwar, so die Queerbeauftragte des Bundes, Sophie Koch, doch „auch die droht zu kippen“.28.06.2025 | 4:05 min

Polizei löst parallele Veranstaltung auf

Die parallel dazu laufende "Internationalist Queer Pride for Liberation"-Veranstaltung in Berlin-Kreuzberg wurde dagegen vorzeitig aufgelöst. Mehrere Polizisten wurden den Angaben der Polizei zufolge verletzt. Es soll unter anderem Flaschenwürfe und gezielte Schläge mit Fahnenstangen gegeben haben. Um die Personen festzunehmen, habe die Polizei körperlichen Zwang angewendet. Zudem seien Polizisten mit Farbbeuteln beworfen worden.
Teilnehmer der Internationalist Queer Pride for Liberation (IQP) stehen bei einer Aktion am Südstern in Kreuzberg Polizisten gegenüber.
Die Polizei löste die parallele Veranstaltung in Kreuzberg auf.
Quelle: dpa | Michael Ukas

Trotz mehrmaliger Aufforderungen habe die Versammlungsleitung nicht entscheidend auf die Teilnehmenden einwirken können, hieß es zur Begründung der frühzeitigen Auflösung der Demo. Gegen 21 Uhr waren der Polizeisprecherin bislang rund 30 Festnahmen bekannt. Die Zahl werde ihren Angaben nach aber sicher noch steigen, es würden nach wie vor Leute festgenommen
Die Veranstaltung wurde in unmittelbarer Nähe des Kottbusser Tors gestoppt. Eigentlich sollte sie gegen 21 Uhr am Oranienplatz enden. Die Stimmung ist aufgeheizt. Rund 10.000 Menschen nahmen nach Schätzungen der Polizei an der propalästinensisch geprägten Demonstration teil.
Übergabe einer Petition für queere Sichtbarkeit im Bundestag
Immer öfter werden queere Menschen Opfer von Straftaten. Das geht aus der jüngsten Statistik des Bundeskriminalamts hervor. 15.07.2025 | 2:47 min

Bei einigen Teilnehmern "propalästinensischer Bezug"

Bei rund 800 Personen sprach die Polizei auf der Plattform X von einem propalästinensischen Bezug. Zahlreiche Menschen hatten Palästina-Fahnen und sogenannte Palästinenser-Tücher, auch Kufiya genannt, dabei. Die Veranstalter forderten Solidarität für Palästina und riefen zu einem "antikolonialen, antirassistischen, antikapitalistischen Freiheitskampf" auf. Am Rande der Demonstration standen Menschen mit Israelflaggen und der Nationalflagge der Ukraine.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hatte sich im Vorhinein auf Welt TV zu der Demonstration geäußert: "Da, wo Antisemitismus, wo Gewalt gegen Polizeikräfte angewendet wird, wird die Polizei robust und konsequent mit ganzer Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters einschreiten", sagte der CDU-Politiker dem Fernsehsender.
Quelle: AFP, dpa, ZDF

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